Die Streitfrage Stadt-Umlandbahn nach Erlangen

Die Stadtumlandbahn (StUB) soll den Großraum Nürnberg verändern. Direkt vom Nürnberger Plärrer, am Flughafen vorbei nach Erlangen und sogar weiter bis nach Herzogenaurach, so der Plan. Ab Erlangen soll sogar später noch ein Ostast Richtung Uttenreuth und bis nach Eckental gebaut werden, wo man dann sogar wieder Anschluss an die Gräfenbergbahn hätte. Betrachtet man das Vorhaben aus der Luft oder wie in meinen Fall, aus der Nürnberger Brille, sieht es nach einen Sinnhaften Vorhaben aus.  

Aber insbesondere in Erlangen erhebt sich Kritik gegen das ganze Vorhaben, das sich zu einem Bürgerentscheid zugespitzt hat, der am 9.6.24 zusammen mit der Europawahl in Erlangen die Wähler zur Entscheidung ruft. Man fragt sich schon wie es wieder so weit kommen konnte.  

Die Vorteile für die Stadt Erlangen sehen erst einmal ganz gut aus. Es werden 19 neue Haltestellen in Erlangen gebaut, der Autoverkehr durch die Pendler wird sicher mit ziemlicher Sicherheit reduzieren und die Erlanger sind besser mit dem Umland verbunden. Und so scheint sich die Kritik mal wieder auf die bekannten Gründe zu reduzieren die man bei solchen Vorhaben zur Genüge kennt: Der Eingriff in die Umwelt ist zu groß, so wie es die Bürgerinitiative Wiesengrundfreunde verlauten lässt, die Innenstadt von Erlangen dafür nicht geeignet und überhaupt die ganzen Baumaßnahmen. Zu teuer, zu Umfangreich. Also das übliche Gejammer das man zur Genüge kennt, wobei diesmal kein Frosch, Vogel oder irgendein Insekt in den Ring geworfen wird. Aber so einfach ist dann doch wieder nicht. Sieht man sich die Initiative Nein zur StUB an, fallen neben schwachen Argumenten, wie die hohe CO2-Freigabe durch das Vorhaben, doch ein paar Valide auf, die einer genaueren Betrachtung bedürfen. Die Initiative in der sich CSU, FDP und Freien Wählern zusammengeschlossen haben sind die Hauptakteure in der Gegenposition. Diverse Planungen an der neuen Trasse triggern die Konservativen besonders heftig, da man Straßen natürlich auch gleich mal zurückbaut und komplett für den Autoverkehr sperren möchte. Aber ich denke nicht, dass dies die Hauptgründe sind.

Die meisten Argumente, die ins Feld geführt werden, handeln tatsächlich um die hohen Kosten für das Vorhaben. Den kostenlos gibt es das ganze Projekt natürlich nicht und von den Gesamtkosten, in Höhe von 730 Mio. Euro, nach derzeitiger Planung, bleiben immerhin 80 Mio. Euro in und an Erlangen hängen. Im Prinzip ein echter Schnapper, den Großteil zahlt tatsächlich der Freistaat Bayern. Dennoch für den Erlanger Stadthaushalt eine Menge Geld und mit einer gewissen Sicherheit kann man prognostizieren das es bei den 80 Mio. Euro nicht bleiben wird. Und so will sich bei einigen Kritikern bei dem Gedanken an eine Straßenbahn, die durch Erlangen rumpelt, partout keine erotischen Schwingungen einstellen. 

Aber die ganzen tollen Vorteile: Die Erlanger bekommen mit der StuB 19 neue Straßenbahnhaltestellen und eine direkte Verbindung nach Herzogenaurach und nach Nürnberg. Dort müssen und wollen die Erlanger jetzt nicht unbedingt hin, aber andererseits gibt es beachtliche Menschenströme die vom Nürnberger Norden nach Erlangen zu Siemens, Areva und der Universität strömen. Mit dem Ostast wird später noch eine Verbindung über Uttenreuth nach Eckental geben und in diesen schönen Städtchen gibt es auch eine gute Gaststätte, die von der StUB aber eher weniger profitieren wird. Die Verkehrsströme werden von den kleineren Gemeinden in Richtung Erlangen fließen, wie sie jetzt eben schon mit Bus und Auto tun. 

Und genau an diesem Punkt ist der Hund begraben. Was bekommen den die Erlanger für das Geld? Ein Rumpfnetz und eine Menge Besucher und Pendler aus dem Umland, die jetzt vielleicht weniger Auto fahren. Wenn man ehrlich ist, macht eine Straßenbahn auch nur richtig Spaß, wenn es in der Stadt ein vollständiges Netz gibt, was es aber so schnell nicht geben wird. Sprich das Netz ist für die Erlanger mit dem geplanten Zustand nicht so attraktiv. Man macht es Hauptsächlich für die Pendler, die von außen in die Stadt strömen und zweimal am Tag für Staus sorgen. Sicher wird sein, dass mit der StUB weniger Autos in die Stadt wollen, aber eine bessere Situation ist noch keine gute Situation.

Für einen Erlanger ist es daher eine rational begründbare Entscheidung gegen die StUB zu stimmen. Und damit sind wir auch schon bei einem weiteren Punkt, nämlich dass die Erlanger nicht allein auf der Welt sind. Die Pendler haben ein reges Interesse daran nach Erlangen zu kommen und eine StUB mit Zehn-Minuten-Takt ist ein sehr attraktives Angebot. Die werden nicht gefragt, da sie, bedingt durch das Sein als Pendler, nicht in Erlangen leben und auch nicht die Kosten für das Projekt stemmen müssen. Die bleiben im Großen bei den Erlanger. Die Last der zentralen Orte. 

Ganz neu ist eine solche Konstellation nicht und kluge Leute haben sich schon vor Jahrzehnten mit solchen Problemen beschäftigt. Die wenig überraschende Lösung für das Problem ist, dass sich die nächsthöhere Finanzeinheit um derlei Projekte kümmern möge. Und damit sind wir schon bei der Rolle Bayerns. Das Land finanziert das ganze Vorhaben sehr großzügig, aber scheinbar nicht großzügig genug, um die Bedenken der Gegner in Erlangen zu zerstreuen. Die Landesregierung hat sich auch deutlich für die StUB ausgesprochen und der Ortsnahe Innenminister Joachim Hermann wie auch sein Chef Markus Söder stehen geschlossen hinter der StUB und gehen auch gemeinsam auf Werbetour. Da beide in der CSU sind, sollte man meinen die ganze Partei steht dahinter, aber ausgerechnet die Erlanger CSU kann sich für das Vorhaben so gar nicht erwärmen.  

Der politische Gegner in der Gestalt von SPD, Grünen aber auch Organisationen wie dem Bund Naturschutz wollen Die StuB aber nach Erlangen bringen und werben entsprechen dafür. Nun wird der SPD-Bürgermeister auch wissen, dass es da ein kleines bis großes finanzielles Risiko für die Stadt mit dem Vorhaben gibt, aber er wird wohl darauf vertrauen, dass das Land einspringen wird, wenn es für die Stadt zu einer zu großen Belastung wird. Interessant ist daher, dass die CSU-Parteikollegen der örtlichen CSU der Landesregierung nicht so viel Vertrauensvorschuss geben, will man das ganze mal arg zuspitzen. Die Frage des Bürgerentscheids müsste also eher lauten „Glauben Sie, dass die Regierung für die Mehrkosten in die Presche springt?“ Hier sollte die CSU in Form der Landesregierung mal ansetzen und den Erlangern eine Zusicherung geben, dass sie nicht an den Kosten ersticken wird.

Gegner des Vorhabens:
https://www.heimaterhalten.de/
https://www.nein-zur-stub.eu/
https://wiesengrundfreunde.net/

Befürworter
https://www.wir-pro-stub.de/

Zweckverband
https://www.stadtumlandbahn.de/


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